Eigentlich wie Paulus, nur modern.

Die meisten Länder, in denen die unerreichten Volksgruppen dieser Welt leben, fallen in die Kategorie der sogenannten «CANs» oder «Creative Access Nations».

Das sind Länder, in denen die Regierungen keine Aufenthalts- oder Arbeitsgenehmigungen für missionarische Aktivität erteilen. Arbeiter (Missionare) sind nicht erwünscht, weshalb es «kreative» Wege braucht, um in diese Länder einzureisen, mit dem Ziel dort für eine längere Zeit zu bleiben, damit Menschen Jesus kennenlernen dürfen.

Eine Möglichkeit besteht darin, als sogenannter «Zeltmacher» in ein solches Land zu gehen. Dieser Begriff geht auf den Apostel Paulus zurück, der als Zeltmacher arbeitete, während er in Korinth lebte und den Menschen dort das Evangelium predigte (Apostelgeschichte 18). Sein Beruf verschaffte ihm Zugang zu den Korinthern und eröffnete ihm viele Chancen, ihnen Jesus zu bezeugen. Heute bezeichnet man mit dem Begriff «Zeltmacher» vereinfacht gesagt Berufsleute, die ihre berufliche Identität in einem kulturübergreifenden Kontext als Plattform für die gute Nachricht nutzen.

Auch ich bereite mich so langsam, aber sicher auf eine Ausreise in ein «CAN»-Gebiet vor und prüfe Möglichkeiten im Gebet und im Austausch mit Menschen, die bereits in einem solchen Gebiet sind, ob und wie ich als «Zeltmacher» dienen könnte. Durch Kurzzeiteinsätze und im Austausch mit Leuten die vor Ort tätig sind, ist mir in den letzten Jahren immer mehr bewusst geworden, dass das «Zeltmacher»-Sein mit besonderen Herausforderungen verbunden ist.

Leider können diese Herausforderungen auch zu Fallgruben werden, die dazu führen, dass «Zeltmacher» frustriert und früher als gedacht den gewählten Wohnort verlassen. In meiner Abschlussarbeit des Theologiestudiums beschäftige ich mich deshalb mit drei solcher Fallgruben, die einem «Zeltmacher» auflauern.

BURNOUT.

Die erste Fallgrube betrifft das Zeitmanagement: «Zeltmacher» leben in einem Spannungsfeld zwischen ihrer beruflichen Tätigkeit und dem Anliegen, Menschen Jesus näher zu bringen. All das neben der Zeit, die sie in ihre persönliche Beziehung zu Gott, in ihre Familie, ihr Team, ihren Unterstützerkreis usw. investieren wollen. Dabei sehen sie sich mit vielen Fragen konfrontiert: Wie setze ich meine Prioritäten richtig? Ist meine Arbeit nur ein Job neben meinem Dienst oder meine Berufung? Wie viel Stunden soll ich in meine Arbeit investieren? Ist meine Arbeit die Hauptplattform, um Menschen mit dem Evangelium zu erreichen? Oder hindert sie mich daran, evangelistisch aktiv zu sein? Leider habe ich von «Zeltmachern» gelesen, die das geschäftliche Anliegen mit der Zeit über das apostolische Anliegen gestellt haben. Diese Versuchung kann gross sein, wenn ich in meiner beruflichen Tätigkeit sichtbare Fortschritte erlebe, während mein missionarischer Dienst scheinbar wenig Erfolg zeigt.

ISOLATION.

Eine zweite Fallgrube besteht in der fehlenden Gemeinschaft und Rechenschaft des «Zeltmachers». Gerade wenn ich mich zu unerreichten Volksgruppen aufmache, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ich irgendwo lande, wo weit und breit keine oder nur wenige andere Jesus-Nachfolger leben. Weil ich die Not sehe, stehe ich in der Gefahr, mich als «lone ranger» in einen Aktivismus hineinzustürzen und dabei meine eigene Gesundheit zu vernachlässigen. Während sich körperliche Krankheiten meist schnell bemerkbar machen, erkranken Seele und Geist oft langsamer und schleichender. Doch in einem isolierten Umfeld, stellen wir ein gefundenes Fressen für Satan dar, der unsere Identität in Jesus angreifen und zerstören möchte. Wie stelle ich als «Zeltmacher» also sicher, dass ich mich regelmässig gesunder Gemeinschaft mit anderen Glaubensgeschwistern aussetze? Wer ist meine kleine Gemeinde vor Ort? Wer feuert mich im Alltag an? Bei wem darf ich mich ausheulen und auskotzen, wenn mir mal alles zu viel wird? Oder wer weist mich zurecht und ermahnt mich davor, falsche Wege einzuschlagen? Hier kommt auch das Thema Rechenschaft ins Spiel: Wem lege ich Rechenschaft über mein geistliches Leben, mein Beziehungsleben, meinen Dienst oder meine berufliche Tätigkeit ab? Wen lasse ich in mein Leben, in meine Arbeit, in meine Finanzen usw. hineinsprechen? Wir brauchen einander. Gerade als «Zeltmacher» muss ich mich viel bewusster um gute Gemeinschaft und Rechenschaftspartner bemühen.

INTEGRITÄT.

Die letzte Fallgrube, die ich in meiner Arbeit untersuche, ist die der mangelnden Integrität und Glaubwürdigkeit des «Zeltmachers». Als «Zeltmacher» muss ich mir die Frage stellen: Wer bin ich aus der Sicht der lokalen Bevölkerung? Wie werden mein Reden und Handeln von den Menschen und Behörden vor Ort bewertet? Wenn ich beispielsweise den Ozean überqueren und mich in eine total fremde Kultur hineinbegeben würde, nur um in einer Wüstenstadt das zwanzigste Café des Quartiers zu eröffnen und dabei nicht einmal die Hälfte meiner Zeit ins Café investieren würde, muss ich damit rechnen, dass ich bei den Einheimischen recht schnell in einer von zwei Kategorien lande: In der des Spions einer ausländischen Regierung oder in der des Missionars. In einem anderen Beispiel habe ich von einem westlichen Krankenpfleger gelesen, der sich als Arbeiter in ein arabischsprachiges Land aufmachte, um dort als «Zeltmacher» in seinem erlernten Beruf zu arbeiten. Es stellte für ihn gar kein Problem dar, dass er, wie auch seine philippinischen und pakistanischen Arbeitskollegen, viel weniger Geld verdiente, als er es sich noch von zuhause aus gewohnt war. Deshalb liess er sich zusätzlich von seiner Heimatgemeinde finanziell unterstützen, sodass er im Quartier der arabischen Bevölkerung wohnen und leben konnte. Nur ein Problem hatte er dabei übersehen: Aus Sicht der arabischen Bevölkerung, die er mit dem Evangelium erreichen wollte, passte sein Beruf als Krankenpfleger nicht mit seinem Lebensstil zusammen, sodass sie ihm misstrauten. Er war als Person nicht glaubwürdig, weshalb seine Botschaft auch nicht für glaubwürdig erachtet wurde.

Mein Fazit: Als «Zeltmacher» unter einer unerreichten Volksgruppe leben zu wollen, ist herausfordernder, als ich dachte. Es lässt mich auf die Knie gehen… Jesus, ich brauche dich! Führe und leite DU mich, Schritt für Schritt! Ich will auf dich hören!

JONATHAN, 27, SCHWEIZER

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